Zwischen Selbstbeherrschung und Selbstentfaltung paßt immer noch ein männlicher Blick, eine tastende Hand, ist die Wunschfigur nur eine fixe Kryolipolyse entfernt. Katja Brunner schreibt über »Frauenkörper«: über weiblich identifizierte Existenzen als Anschauungsmaterial und Ausstellungsobjekte, Wunschvorstellungen, Projektionsflächen und Kampfplätze. In zu enge Räume und Kleider gezwängt, drängen sich junge und alte, allzu zarte und überbordende, sich krümmende und ausdehnende Leiber, die es der Sprache nicht recht machen können und über die trotzdem alle reden.
Davon gibt es einige in Katja Brunners Text: Prinzessin Selda, pixelgewordene Phantasieoberfläche, rekelt sich willenlos auf dem Bildschirm. Das Hungermädchen wartet auf das Verschwinden und ein anderes auf seine Mutter, die entschieden hat, das Haus nie wieder zu verlassen. Eine selbsternannte Rebellin probiert die Masken der Weiblichkeit, während sich eine andere fragt, wem eigentlich diese Hand da gehört, die sich mit ihrem Bein befaßt. Dabei dröhnt der Chor der Bulimiker*innen durch die Textflächen.
Brunners Text bringt das Leben selbst zur Sprache, welches in den phantasmatischen »Gefälligkeitsrobotern« pocht und auch in den von einer auf makellose Oberflächen fixierten Gesellschaft ausrangierten Organanordnungen so unnachgiebig pulsiert. Er legt Zeugnis ab von Unzulänglichkeiten und Verletzungen, vom Aufgeben und dem Rückzug in die Sprachlosigkeit. Gleichzeitig ist der Text ein drängender poetischer Appell für Solidarität jenseits typisierender Vereinheitlichungen, eine vielstimmige Kampfansage an Deutungshoheiten, Vermessungsstrategien und Weiblichkeitsideale. Die oft schmerzvolle Lebendigkeit weiblicher Verkörperungen ergreift das Wort.